In seiner zweiten Anhörung zu Fragen der Klimagerechtigkeit möchte der Deutsche Ethikrat die Perspektiven bestimmter Stakeholder, die von den Folgen des Klimawandels besonders betroffen sind, genauer kennenlernen und Eigenheiten der öffentlichen Debatte zum Thema in den Blick nehmen.

Als besonders ungerecht wird vielfach der Umstand betrachtet, dass gerade Menschen, die unter den Folgen des weltweiten Klimawandels absehbar besonders leiden werden, häufig nur in vergleichsweise geringem Maße zu dessen Entstehung beitragen. Dies gilt etwa für zahlreiche Menschen im Globalen Süden. Ihre Perspektive wird Md Shamsuddoha einbringen, der selbst in Bangladesch lebt, also in einem der bereits heute am stärksten vom Klimawandel betroffenen Länder. Dank seiner langjährigen Beteiligung an internationalen akademischen und klimapolitischen Projekten vermag der Direktor des Center for Participatory Research and Development in Dhaka auch die allgemeinen Interessen und Befürchtungen des Globalen Südens zur Sprache zu bringen.

Auch jüngere Menschen werden bei voraussichtlich vergleichsweise geringem eigenem Beitrag zum Klimawandel überproportional stark von dessen Folgen betroffen sein. Hierzu hat das Bundesverfassungsgericht 2021 auf eine Pflicht des deutschen Staates verwiesen, die künftigen Freiheitsrechte junger Menschen nicht durch unzureichendes gesetzgeberisches Handeln in der Gegenwart über Gebühr einzuschränken. Dies bedeutete einen Teilerfolg für die Verfassungsbeschwerde gegen das Klimaschutzgesetz vom 12. Dezember 2019, an der auch die damals 22-jährige Sophie Backsen beteiligt war. Der Ethikrat lädt sie ein, die Perspektive junger Menschen in die Anhörung einzubringen. Als Bewohnerin der nordfriesischen Insel Pellworm, die bereits jetzt einen Meter unter dem Meeresspiegel liegt, gilt auch für Backsen eine besondere persönliche Betroffenheit.

Eine weitere Perspektive zielt auf gesundheitliche Folgen des Klimawandels. Hierzu zählen etwa unmittelbare Gesundheitsschäden durch häufiger werdende Extremwetterereignisse wie Hitzeperioden oder Unwetter, aber auch mittelbare Probleme wie z. B. neu auftretende Krankheitserreger, die an ein wärmeres Klima angepasst sind. Bei der Weltgesundheitsorganisation beschäftigt sich eine eigene Abteilung mit den Zusammenhängen zwischen Klimaveränderungen und Gesundheit. Aus ihr begrüßt der Deutsche Ethikrat als Gesprächspartner Diarmid Campbell-Lendrum, Leiter der Climate Change and Health Unit.

Gemeinsam ist allen Betroffenen, dass sie mit vielen weiteren Stakeholdern um Gehör in der öffentlichen Debatte zum Klimawandel ringen. Der Deutsche Ethikrat interessiert sich daher auch für die spezifische Dynamik dieses Diskurses, denn diese beeinflusst sowohl die Entscheidungen zum Thema als auch deren Umsetzung und Akzeptanz. Wird diese Debatte beispielsweise hinreichend offen geführt und wie wirkt sich die öffentliche Darstellung extremerer Formen des Klimaprotestes auf Einstellungen zum Klimawandel aus? Welchen Einfluss hat es auf die öffentliche Meinung zum Klimawandel, dass die Berichterstattung von dramatischen Begriffen wie „Klimanotstand“ oder „Klimakatastrophe“ geprägt wird, und wie kann man kommunikativ mit der Ohnmacht umgehen, die viele Menschen angesichts dieser Krisenmetaphorik beschleicht? Um Antworten auf diese Fragen zu erhalten, hat der Ethikrat den Kommunikationswissenschaftler Michael Brüggemann eingeladen. Er leitet an der Universität Hamburg eine Forschungsgruppe, die der Analyse der Klimakommunikation in verschiedenen Medien und unterschiedlichen Ländern gewidmet ist.

 

Hierzu lädt der Ethikrat herzlich ein:

Öffentliche Anhörung
„Stakeholder-Perspektiven zur Klimagerechtigkeit“
25. Mai 2023, 13:00 – 16:15 Uhr
online

Mehr Informationen zum Thema und zum Programm

Die Live-Übertragung im Internet kann ohne Anmeldung verfolgt werden. Die Veranstaltung findet auf Englisch mit Simultanübersetzung ins Deutsche statt.

Weitere Informationen sowie das detaillierte Programm finden Sie auf der Webseite des Ethikrats.

 

 

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